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Eine Drohne von Typ MQ-1 Predator der US Air Force.
Nach Angaben des unabhängigen Washingtoner Thinktanks "New America Foundation" sind bei den Drohneneinsätzen der USA seit 2002 rund 3.500 Menschen gestorben, mehrere hundert davon waren unbeteiligte Zivilisten. Unter Präsident Obama hat sich die Zahl der unbemannten Flugroboter, die das Pentagon und der Auslandsgeheimdienst CIA einsetzen, auf das 40-Fache gesteigert. Seit Jahren protestieren die Regierungen der betroffenen Länder mehr oder weniger lautstark gegen die Drohnenpolitik Washingtons. Inzwischen mehren sich aber auch innerhalb der USA Zweifler und kritische Stimmen.
Rechtsstaatliche Fragwürdigkeit und Geheimnistuerei – so lautet der Befund, den Politiker der Obama-Regierung vorhalten. Kritik äußerte jüngst beispielsweise Harold Koh, bis 2010 Chefjurist des US-Außenministeriums. Die Drohnenpolitik müsse sich endlich "in Disziplin" üben. Das Drohnenprogramm werde als "illegal, unnötig und außer Kontrolle" wahrgenommen. Es sei in der Öffentlichkeit nicht mehr zu verteidigen.
Seit einigen Wochen mehren sich auch im Kongress die Stimmen von Abgeordneten und Senatoren, denen der Antiterrorkrieg à la Obama nicht mehr einleuchtet. Im öffentlichen National Public Radio (NPR) nannte Obamas ehemaliger Antiterrorberater Michael Boyle das Kind beim Namen: "Die Regierung betreibt im Prinzip eine Politik des Killens-und-Nicht-Festnehmens." Problematisch sei auch, "dass du von denen, die du umbringst, keine Informationen mehr erhältst".
"Illegal und außer Kontrolle"
Dass das Morden mit Tötungsrobotern unerwünschte Resultate bringt, erfuhren Mitte der Woche hochrangige Politiker aus erster Quelle bei Anhörungen im Kongress. Zunächst kam die Juraprofessorin Rosa Brooks zu Wort, die während der ersten Obama-Regierung an hoher Stelle im Verteidigungsministerium gearbeitet hatte. Die Exekutive maße sich das Recht an, "jedermann irgendwo auf der Welt jederzeit zu töten, aus Geheimgründen, die auf Geheimbeweisen beruhen, die in einem Geheimprozess von unbekannten Beamten gewonnen wurden", geißelte sie die Regierung.
Der jemenitische Journalist Fadea Al-Muslimi berichtete von einem USA-Drohnenangriff auf sein Heimatdorf und die Reaktionen der bäuerlichen Bevölkerung. Der tödliche Terror aus der Luft auf sein Dorf sei "keine Ausnahme" gewesen und stelle "für viele Jemeniten inzwischen das Gesicht Amerikas" dar, warnte er. Wegen der Drohnenangriffe schlössen sich junge Männer Al-Qaida an.
Hunderte Aktivisten festgenommen
Bis vor ein paar Monaten noch waren es die linken Feministinnen von "Code Pink" oder die Rechtsanwaltsvereinigung "Center for Constitutional Rights", die das Drohnenprogramm als Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA kritisierten. Hunderte von Aktivisten sind in den vergangenen Jahren wegen zivilen Ungehorsams vor Militäreinrichtungen festgenommen worden.
Ende April wurden 31 Menschen an der Hancock Air Force Base im Bundesstaat New York in Handschellen abgeführt. Dort starten Drohnen. 300 Demonstranten hatten betend einen symbolischen Beerdigungszug abgehalten, um gegen Drohneneinsätze in Pakistan, Jemen, Somalia und Afghanistan zu protestieren. Am Schluss verlasen sie eine Anklage gegen Präsident Obama, das Militär und Angestellte der Luftwaffenbasis wegen "Verbrechen gegen die Menschlichheit".
Unterdessen mehren sich die Berichte, dass die Obama-Regierung auf die Kritik reagieren will. Die Verantwortung für das Drohnenprogramm soll teilweise der CIA entzogen und dem Pentagon übertragen werden. Möglicherweise legt die Regierung außerdem die sogenannten "signature strikes" auf Eis: das Umbringen von "Verdächtigen", deren Namen nicht bekannt sind.